Tagebuch - Christoph & Lollo

März 2003:

  • 01.03.03: Cselley-Mühle, Oslip
    Heute haben die Flaming Lips in Wien aufgespielt. Uns egal, weil in der Cselley-Mühle ist es ja auch sehr nett. Aber selbst die Entfernung zwischen Wien und Oslip (Uzlop) war nicht gross genug, um der Konkurrenz zu entfliehen, fand doch in einem anderen Gebäude der Mühle der ÖVP-Ball statt. Da gab´s einiges zu feiern. Vermutlich. Wir haben uns nicht getraut, dort vorbeizuschauen, was uns aber eh sicher keinen Spass gemacht hätte. Doch wer weiss? Die Zeit bis zum Auftritt (wir waren schon sehr früh dort) vertrieben wir uns mit unseren zwei Hauptbeschäftigungen in solchen Situationen: Warten und frieren. Soundcheck machen ist ja auch nicht so wirklich spannend. Obwohl es nicht ganz unlustig ist, einmal auch andere Lieder zu spielen und zu singen, gibt es doch fast kein Publikum, das einem daraus einen Strick drehen könnte. Für die die´s interessiert: Zum Essen gab es Geschnetzeltes mit Reis und Nudeln. Hat allen geschmeckt. Als wir beim Auftritt von Petsch Moser zusahen, fiel uns eine ganz typische Konzert-Stimmung im Publikum auf: Ein bisschen gehemmt, so wie auf der Party wenn die Mädchen und die Buben sich nicht miteinander reden trauen, wollte keiner so richtig nahe an die Bühne herangehen, wodurch sich ein charakteristischer Halbkreis vor derselben bildet. Als einziger, der das Tabu brach, tanzte dort der schon im vorigen Tagebucheintrag erwähnte Herr Brauneis. Normalerweise sagt ein Rockband-Sänger dann zum Beispiel: "Ihr könnts ruhig ein bisschen nach vorne kommen", aber Petsch Moser haben das, glauben wir, kein einziges mal gesagt. Ist ja auch kindisch. Der Auftritt von den Petschos wurde auch gefilmt, vom David, überdies war auch noch der Gerry oder Gary oder Geri oder Gery oder Gerri mit, der sich um den Sound kümmerte, der ja auch super war. Ausserdem dabei: Bernhard (Petsch Mosers Booker), der Bernd (in seiner ersten Mission als unser Ersatzchef) und der Markus, der hat mithilfe seiner Kamera und dem mica-Computer und der Miriam Fröhlich drei Videos von uns gemacht, die kann man vielleicht manchmal auf go.tv sehen. Diesmal hat er uns mithilfe seines Autos chauffiert, der Markus. Was unseren Auftritt betrifft, so war er durchaus passabel aber auch ziemlich lang, das haben wir gar nicht so richtig mitgekriegt, obgleich uns unser Harndrang ein Indiz hätte sein müssen. Am meisten Spass hatten wir, als wir ein paar Lieder spielten, die nicht von uns sind (sondern z.B. von den Ärzten), nur leider können wir da oft die Texte und Akkorde und Melodien und Aufbauten nicht. Ein bisschen Mitleid haben wir mit dem Kotti, der idealistisch genug ist, um uns zu veranstalten. Ein bisschen Mitleid haben wir mit uns, weil uns einer, der eine CD wollte, statt 12 Euro nur 11 gab, das haben wir zu spät bemerkt. Ein bisschen Mitleid haben wir mit zwei Menschen, die von uns mitgenommen werden wollten, aber erfahren mussten, dass alle Autos schon voll waren. Und dann war da noch einer, der von Schispringern aus der verblichenen Deutschen Demokratischen Republik nachgerade besessen war und vehement und wortreich darauf bestand, wir sollten Ronny Hornschuh auf Falco Weißpflog (oder Weissflog oder wie auch immer) umtexten, was ja sehr einfach wäre. Sehr netter Abend.
    Der freundliche Kotti war so nett, uns Fotos zukommen zu lassen:
    Backstagelangeweile  Ein sehr schönes Foto von Andi PeMo  Lukas und Piotr PeMo  Ganz Petsch Moser bis auf Christian  Das sind jetzt wir in der Cselley-Mühle in Oslip  Christoph, laut  Lollo, leise 


  • 07.03.03.:Rauchclub, Feldkirch
    Um 11 Uhr vormittags haben wir zwei uns mit dem Bernd getroffen, der Uli hat uns irgendwelche wichtigen Sachen in die Hand gedrückt, wir haben ein Leihauto abgeholt und fuhren dann zu dritt los. Eine kleine Verspätung ergab sich daraus, dass das Auto nicht agesprungen ist - mit Starthilfe ging´s dann aber. Erwähnenswertes Reiseerlebnis: Köstlicher Apfelstrudel bei einer Raststation. In Feldkirch angekommen, stellte sich die Suche nach dem Eingang in den Rauch-Club als schwierig heraus, weil die Vordertüre zu war. Aber auch diese Hürde meisterten wir. Dann war Soundcheck. Der war auch nicht so einfach. Nach einem ausgesprochen wohlschmeckenden Abendessen, das Herr Rauch für uns kredenzen ließ, fuhren wir zu unserer Unterkunft und sahen uns, während wir letzte Vorbereitungen trafen, Starmania an. Zurück im Rauch, ging es dann auch gleich ans Eingemachte, eher um des Pudels Kern, besser gesagt um das Wesentliche, nämlich das Auftreten und Schispringerlieder singen, because that´s what we´re livin´ for. Wir bemühten uns redlich, weil wir hier im Rauch schon einmal aufgetreten sind, und das war ein sehr schlechtes Konzert damals. Aber irgendwie sprang auch diesmal der Funke nicht so richtig über. Heute war einer der Abende, wo wir zwischen den Liedern zu lange und zu langweilige Pausen machten, ein Fehler, der uns oft passiert. Sonst gibt´s von diesem Auftritt nicht allzuviel zu berichten, ist ja eh immer dasselbe, einzig das Mikrofon vom Christoph sollte man erwähnen, es ließ seinen Kopf immer wieder hängen, wie eine Blume im Cartoon wenn einer mit Stinkefüßen vorbei geht. Jedenfalls möchten wir um Vergebung bitten für unsere Lahmheit, genauso für unsere Vergesslichkeit und die vielen Fehler: Bitte, bitte. Aber das hat sich gewissermaßen aufgeschaukelt, auf die berechtigte Zurückhaltung der Leute folgte unsere Nervosität. Grundsätzlich sind unsere Auftritte ja immer an der Kippe und drohen fatal zu scheitern, weil wir´s zu unserem Konzept erklärt haben, keins zu haben, da kommt dann halt oft ein Blödsinn dabei heraus. Aber wir sind professionell genug um Negativerlebnisse sofort zu verdrängen. Wir schlucken es runter und formen aus unserer Angst und unserem Selbsthass eine kleine schwarze Kugel die schwer auf unseren Seelen lastet. So war es dann auch befreiend, bei Trank und Tanz so richtig die Sau und den Schweiss rauszulassen. Jedoch waren wir rechtzeitig zum Formel-1-Qualifying und den immer wieder lustigen Kontakt-Werbeeinschaltungen zurück im Hotel, wo uns bald angenehmer Schlaf einfing.


  • 08.03.03.: Bertholdsaal, Weyer
    Wussten Sie eigentlich, dass wir Freunde des gepflegten Frühstücksbuffets sind? Deswegen stehen wir an so einem Morgen überhaupt erst auf. Der Christoph duscht sich meistens sogar vorher, um das Frühstück frisch und gepflegt genießen zu können. Das Buffet war dann eh super. Weil wir meistens doch am hinteren Ende der Darreichungszeitspanne Frühstücksräme aufsuchen, fühlen wir uns von den Angestellten immer unterschwellig unter Druck gesetzt. Wie auch immer: Wir nahmen Abschied vom schönen Ländle und fuhren nach Oberösterreich. Dort, genauer in Weyer, lieferten wir schnell ein paar Sachen im Quartier ab, nachdem wir die Schlüssel von den Veranstaltern (Danke, Frikulum) abgeholt hatten. Der Bernd, der uns bis jetzt begleitet hatte, fuhr nach Wien, und wir konnten beim Bertholdssal schon die Buben von Petsch Moser begrüßen. Wir schauten uns um und sahen einen Backstage-Raum der alle Stückeln spielte. Dann gingen wir essen (lange Wartezeit, gutes Gyros). Danach wurde noch kurz gewutzelt, und schon durften wir auf die Bühne. (Heute waren wir als Erste dran.) Die ersten zwei Lieder heute waren Milchgesicht und Borovitins Hund. Wir nehmen an, dass das schon öfter als drei mal so war, was uns glauben lässt, ein Hauch von Konzept könnte sich eingeschlichen haben: Es ist nämlich so, dass wir seit unserem ersten Konzert als erstes Lied immer Milchgesicht spielen, weil das damals unser schwungvollstes Lied war (von dieser Regel gab es bis jetzt, schätzen wir nach langem Für und Wider, drei bis fünf Ausnahmen). Das zweite Lied diesmal war deswegen das zweite, weil es, zumindest relativ, wenn nicht überhaupt, auch schwungvoll ist. Und jetzt fürchten wir, dass wir in zehn Jahren dann vielleicht bei jedem Konzert am Anfang die selben zehn Lieder spielen, was erstens sehr langweilig und zweitens eine grobe Verletzung der einschlägigen Schispringeraufführungsstatuten wäre. Jedenfalls war der Auftritt auch sonst nicht outstanding, verglichen mit anderen, das heisst, es ist nichts Aussergewöhnliches passiert. Links und rechts am Bühnenrand hatten zwei ordnungsgemäß adjustierte Schispringer Sprungschi aufgestellt, die danach noch für ein lebensverachtendes Spezial-Stage-Diven benutzt wurden. Bei Petsch Mosers Auftritt dann haben wir uns abwechselnd mit Musik zuhören, Musikern zuschauen, Tischfussballspielen, Getränke trinken und T-Shirts mit Kugelschreiber beschreiben die Zeit vertrieben, letztere Beschäftigung ist eine, die einen zwischen den Gefühlen von Schuld und Macht hin und her reisst. Und da das alles sehr nett war, und wir uns nach Petsch Mosers letztem Lied weiterhin sehr amüsierten im Bertholdsaal, war es schon sehr spät, als wir uns auf den Weg zum Reiterhof machten, wo wir hungrig einzuschlafen planten. Doch dort erschien es uns wie ein Traum, als wir mit überschwänglicher Herzlichkeit begrüsst eine Brotzeit allererster Kajüte aufgetischt bekamen. In einem beleuchteten und von schlagerhaften Klängen beschallten Raum versuchten vier Leute, der Nacht zu trotzen: Die Casanovas, eine sehr hilfsbereite und redefreudige Dame sowie ein unbeschreiblich freundlicher Mann der uns Wünsche von den Augen ablas. Bis auf die Biere, die wollte eigentlich keiner. Aber wie glücklich uns der zünftige Schmaus machte, den wir bekamen, das können Sie sich wohl kaum vorstellen. .


  • 14.03.03.: Theater, Brixlegg
    Mit dem Flo und einem gemieteten Auto fuhren wir nach Tirol, in den 2400 Einwohner zählenden Ort Brixlegg. Dort hat uns nämlich der Kulturverein Kontrast eingeladen, damit wir im Theater ein Konzert geben. Eigentlich haben wir uns darauf gefreut, wieder einmal vor Sitzpublikum aufzutreten. Das tun wir nämlich seltener in letzter Zeit, und Abwechslung hält einen jung und vital. So kann man von unseren verbrauchten Gesichtern ablesen, wie es um unsere Vielfältigkeit steht. Gegen verbrauchte Gesicher hatte übrigens die Schauspieler-Garderobe des Theaters (die wir als Backstage-Raum benutzten) einiges auf Lager: einerseits Kosmetika, andererseits auch Brillen, Perücken und allerlei Verkleidungen. Die Pistole hat nicht funktioniert. Jedenfalls waren wir dann Essen, dreimal Gebackenes, dann sind wir auf die Bühne, zum Auftreten. Das war dann ein ausgesprochen ruhiges Konzert. Grundsätzlich ist die Ruhe ja schon etwas Gutes, denn man kann sich dann ganz fein konzentrieren. Wahrscheinlich hatte ja die Ausstrahlung des Theatersaals ihre Auswirkung, da lernt man ja als Kind, dass man den Mund halten muss. Andererseits verhält es sich offensichtlich so, dass wir uns an das Gemurmel während der Lieder gewöhnt haben dürften, und weil wir doch so sensible Buben sind, macht uns das gleich ein bisschen unsicher wenn das nicht so ist. Das ist jetzt wieder einmal eine Gelegenheit, Sie, geehrte Konzertbesucherinnen und -besucher, daran zu erinnern, dass die Leute die auf der Bühne stehen, das Publikum oft schlecht oder gar nicht sehen, weil ihnen Lampen ins Gesicht leuchten - das hatte zur Folge, dass wir uns an diesem Abend noch unsicherer fühlten, weil wir einen großen Teil des Publikums also auch nicht sehen konnten. Es war nämlich so, dass die Menschen, die, nach unserem Verdacht jedenfalls, uns gar nicht gekannt haben, möglicherweise den Abend im Theater verbrachten, weil sonst nichts los war, oder sie haben etwas von Schispringerliedern in der Zeitung gelesen und waren interessiert daran, zu erfahren, worum es sich dabei handeln könnte, dass also diese Menschen sich eher in den vorderen Reihen hingesetzt hatten, dort wo man sie von der Bühne aus noch erkennen kann, wodurch uns auch ihre skeptischen Mienen nicht verborgen blieben. Folgende Vermutung sollte nicht unbedacht bleiben: Vielleicht haben sich im Dunkeln der hinteren Reihen jene Besucher versammelt, die unentdeckt das Rauchverbot umgehen wollten. Zusammenfassend kann man also sagen, dass wir uns irgendwie überfordert fühlten. Wobei man aber natürlich hinzufügen muss, dass ja eh genug passiert ist, um unserer künstlerischen Eitelkeit gerecht zu werden: Die Leute waren sehr nett, haben sich auch aktiv beteiligt (wobei wir den Wunsch nach einem Beatles-Lied nur unzufriedenstellend beantworten konnten), die haben aber auch unsere Lieder gekannt, und haben auch freundlich geklatscht und am Schluss "Zugabe" gerufen. Wahrscheinlich haben wir auch diesmal zuviel geredet oder, besser gesagt, wir hätten eher erkennen sollen, dass unsere Gespräche heute wieder einmal zu uninteressant waren um sie öffentlich zu führen. Vielleicht ist diese unsere Unsicherheit der Grund dafür, dass wir offenbar unfähig sind, unsere T-Shirts auf der Bühne anzupreisen, so hat keiner wissen können dass es welche gibt, und nach dem Konzert haben wir uns auch nicht getraut darauf hinzuweisen. Wir haben nach dem Konzert noch mit freundlichen Menschen reden dürfen, wir haben sogar noch eine Brotzeit bekommen, bevor wir in unsere (übrigens sehr schöne) Unterkunft gingen. Anzumerken wäre noch, dass Brixlegg ein schöner Ort ist.


  • 15.03.03.: Avalon, Allentsteig
    Eigentlich war das ein langer Tag heute. Also erst einmal in Brixlegg aufwachen, gut frühstücken und ins Auto einsteigen. Dann Auto fahren bis Wien, in ein anderes Auto einsteigen und Richtung Allentsteig aufbrechen. Unser Begleiter Flo hat uns dazwischen verlassen. Der Weg nach Allentsteig war recht unterhaltsam. Das nämlich, weil wir den Weg nur ungefähr kannten, wir fuhren bei Horn von der grossen Strasse runter und nachdem wir einen Mann, der mit einem Auto unterwegs war, das ein Wiener Kennzeichen hatte, nach dem Weg fragten, rumpelten wir auf einer nicht mehr so grossen Strasse mitten durch, aber das stellte sich erst nachher heraus, den Truppenübungsplatz Allentsteig. Wir waren als erste da, im Avalon, wo es zu diesem Zeitpunkt noch sehr kalt war. Trotzdem wurde es uns warm ums Herz als wir uns im Lokal umsahen, denn es war, und das wird uns erfahrenen Durch-die-Lande-Tinglern gleich klar, ein Klasseschuppen. Tischfussballtisch im Eingangsbereich, schöne Halle, grosse Bühne, hinten Sitzgelegenheiten, Loge mit Cocktailbar, alles super. Und nicht zu vergessen der riesengrosse Backstagebereich. Ausserdem fiel uns auf, dass die Veranstalter sehr schöne Plakate, Flyer und sogar Backstage-Ausweispickerl gebastelt hatten, auf denen ein zipfelbemützter Schispringer zu sehen war. Klarerweise musste man in diesem Paradies natürlich auch nicht auf Satellitenfernsehen verzichten, also haben wir ferngesehen. Und genau als wir Simpsons sahen, kamen auch schon Petsch Moser samt Anhang. Diesmal war auch der Michi Danner mit, der ist super, der war schon dabei wie wir mit Heinz unterwegs sein durften, ausserdem war er gerade von einer längeren Tour mit einer Rockband durch Australien, Neuseeland und noch was ganz was anderes, Amerika oder so, zurückgekommen. Nach dem Soundcheck gab´s dann Essen: Schweinsbraten mit Knödeln, Sauerkraut, Erdäpfeln, Saft und Salat. Und ein gutes Essen ist ja die beste Grundlage für einen gelungenen Abend: Man trinkt ein Bierchen dazu, kommt ins Gespräch, ist zufrieden, und schon muss man langsam ans Auftreten denken. Das wird einem im Avalon durch eine regelrechte Showtreppe versüßt. Unser Auftritt hat uns heute viel Spass gemacht. War einfach voll die super Stimmung. Es waren viele Leute da, und wir haben schnell gemerkt, dass hier beste Feierlaune herrschte. Nicht nur, dass die Leute bei unserer Darbietung teilweise mitgesungen haben, gar nicht so wenige haben richtiggehend getanzt. Zu unserer Musik! Arg, gell? Nun, wir würden lügen, würden wir behaupten, das gefalle uns nicht. Und gute Laune hatten wir auch, was wohl auch damit zu tun hatte, dass wir unmittelbar vorm Auftritt hinten im Backstageraum lustig Lieder gesungen haben mit Petsch Moser, das ist für uns Musiker vielleicht so was wie das Aufwärmen für Fussballer, nur dass es nicht die Muskeln aufwärmt, sondern das Gemüt. Es gab auch während des Konzert nichts, was unserer Stimmung Abbruch getan hätte. Die Anlage war gut. Der Fingernagel vom Lollo war am Rand kaputt und mit Superkleber gepickt, das hat gehalten. Obwohl wir gar nicht so kurz gespielt haben. Wir möchten dem Publikum an dieser Stelle sehr herzlich danken, dass es so freundlich zu uns war, der Jubel am Ende des Konzerts war für unsere Verhätnisse, wenn unser schwaches Gedächtnis unsere Erinnerung nicht trübt, sehr laut. Also waren wir glücklich, obendrein sagte uns der Michi Danner unmittelbar nach dem Konzert, dass er sich über eines der Lieder, die wir gespielt hatten, nämlich Ruaf mi ned au, gefreut hat. Und das, das Freudestiften nämlich, ist ja das Schönste beim Musikmachen. Schön war auch die Premiere beim Petsch Moser-Auftritt: Eine Ansage von Fred Schreiber vom Band. Mit Geburtstagsbeglückwünschung, weil Petsch Moser an diesem Tag irgendwie Geburtstag hatten. Leider konnten wir einen beträchtlichen Teil ihres Gigs nicht mitverfolgen, weil wir von zwei Nihilisten, die eine Nihilistenzeitung machen, interviewt bzw. gefilmt wurden. Es ist nämlich eine Internet-Nihilistenzeitung oder so. Ausserdem mussten wir am Fussballtisch gegen die Bestenauswahl aus Lollos Horner Verwandtschaft verlieren. Überdies fühlt man sich nicht unbedingt vom Konzertzuschauen abgehalten, wenn man von interessierten Zuhörern angesprochen wird. Aber dass heftigst getanzt und sich gefreut wurde, als Petsch Moser aufspielten, davon haben wir uns mit eigenen Augen überzeugt. Der Übergang von der Live-Musik zur After-Show-Party war eher fliessend, wir haben während dieser Zeit die verschiedensten Orte, an denen man die verschiedensten Arten von Getränken mitttels oben erwähnter Pickerl gratis bekommen hat, ausgekundschaftet. Es gab, bitte sehr, stellen Sie sich das vor, einen Schispringer- und einen Kazuki-Cocktail, wobei wir den Kazuki für besser befanden. Dort, an der Cocktailbar nämlich, haben wir dann unsere Namen auf zwei Unterarme und einen Bauch geschrieben, es war ein ganz hübscher Bauch, vorher zumindest, über dem Nabel hat der Christoph, darunter der Lollo hingeschrieben. Der Abend verlief noch sehr unterhaltsam, mit Wutzeln und Gesprächen und Süssigkeiten-geschenkt-bekommen und so. Zu späterer Stunde konnte man noch eine grandiose Tanzperformance von Piotr Pemo und David Brauneis erleben, die alle beeindruckte, die dies miterleben durften. Manche so sehr, dass es sie zum mitmachen anregte, was dann noch lustiger war. Und als es Zeit wurde, diesen schönen Ort zu verlassen, war dort wohl noch lange nicht Schluss mit Party. Wir zwei waren dann erst bei der zweiten Partie, die zum Quartier geführt wurde, dabei. Das war ein Biobauernhof im Nachbarort in dem es sich vortrefflich schlafen und frühstücken ließ. Abschließend lässt sich sagen, dass das ein sehr schöner Ausflug ins Waldviertel war, wenn auch etwas anstrengend, so anstrengend, dass es fast ein Wunder war, dass wir beide es am Sonntag noch zum Springer-Konzert in Wien schafften, aber das, liebe Leser, ist eine andere Geschichte, und sie soll ein andermal erzählt werden.


  • 21.03.03.: Exil-Avalon, Krems
    Eine enge Gasse ist das, in der sich das Exil-Avalon befindet. Der Christian von Petsch Moser war ganz betropetzt, weil er mit dem Tourbus beim Reversieren irgendwie ein Schild beschädigt hat. Wir waren aber eh mit einem anderen Auto dort, mit dem Bernd, so haben wir das im Original gar nicht miterlebt. Im Lokal haben wir uns dann erst einmal über den Wutzler gefreut, und dann den Backstageraum aufgesucht. Da sind wir dann gesessen und haben gewartet, zwischendurch war dann noch ein bisschen Freude, als wir uns mit dem Beatles-Buch beschäftigt haben. Irgendwann dann haben Petsch Moser ihr Konzert gegeben, und beim Zuhören haben wir schon bemerkt, dass es sehr heiss war. In rhythmischen Abständen die Kniegelenke zu beugen ist nämlich zwar anstrengend, aber sie, lieber Leser, können sich nicht vorstellen, wie anstrengend singen und gitarrespielen und, wie in Petsch Mosers Fall, bassspielen und schlagzeugspielen ist. Und die Scheinwerfer, die die Bühne erhellen, machen oft eine Wahnsinnshitze, und wenn man da zuviel anhat, dann gnade einem Gott. Wegen der Temperaturen, die wir also schon nur zuschauend zu spüren bekamen, haben wir auch schon ziemlich viel Flüssigkeit zu uns nehmen müssen. Am Rand der Bühne des Exil-Avalon befindet sich übrigens ein stabiles Gitter, das vermutlich der ersten Reihe wilder Punk-Konzert-Besucher Sicherheit und eine Möglichkeit, sich zerquetschen zu lassen, bieten soll, dies nur nebenbei. Über unseren Auftritt gibt es gar nichts zu berichten, obwohl wir uns nicht daran erinnern würden, wenn es nicht so wäre. (Doch, etwas: Wir sind von der ewigen Regel, als erstes Lied Milchgesicht zu spielen, abgegangen, indem wir vorher kurz Ole-ole gesungen haben.) Aber vielleicht gibt es ja Menschen, die das hier lesen und obendrein auch noch im Exil waren, die könnten uns ja irgendwie mitteilen, ob das jetzt stimmt oder nicht, das mit dem zu berichtenden (das Gästebuch wäre ein super Platz dafür). Jedenfalls behaupten wir jetzt einfach, dass es nichts zu berichten gibt. Nach dem Konzert gab es dann noch Spaß im Backstageraum: Zum Beispiel als wir Lieder gesungen haben, ziemlich laut, und die Texte konnten wir eigentlich nicht. Sehr lustig war dann Bernhards Performance, das ist der Mann, der den Petsch Moslern sagt, was sie machen sollen: Der hat ein Cellophan von einem Zigarettenpackerl runtergenommen und es an seinen Mund gehalten, und dann hat er so getan, als wäre er der Hitler, beziehungsweise hat er so geredet wie einer, der im Rundfunk spricht. Da haben wir viel gelacht. Am lustigsten war es immer dann, wenn er gelacht hat, wahrscheinlich deswegen, weil er es selber witzig gefunden hat. Man kann, ohne es im übertragenen Sinn zu meinen, sagen, wir sind am Boden gelegen. Und eigentlich war´s noch sehr nett dort, irgendwann einmal haben wir uns dann halt gedacht, jetzt ist´s dann aber schon spät, und weil Krems nicht weit von Wien ist, hatten wir keine Unterkunft, mussten also mit dem Auto heimfahren, durch ein Versehen auf der Bundesstrasse. Ende des Tagebucheintrags.


  • 28.03.03.: Stadtwerkstatt, Linz
    Wir haben eigentlich verdammt gut dort hin gefunden, obwohl die Telefongespräche mit dem Bernhard nicht ganz aller Verwirrung entbehrt haben. Wir waren dann sehr zufrieden, als wir angekommen waren, nicht nur unseres Orientierungsvermögens wegen, sondern vor allem auch deshalb, weil es ein wohltuend schöner Spätnachmittag war und das Plätzchen vor der Stadtwerkstatt ein ausgesprochen pittoreskes ist. Da ist eine Kirche, dem heiligen Nikolaus gewidmet, und die Donau fliesst vorbei, wo Schwäne sich das Ufer entlangtreiben lassen, ausserdem die schöne Linzerstadt auf der anderen Flussseite. Obwohl man inmitten eines grossen Ballungsraumes ist, kann man doch die Abendsonne ganz ungestört von Autolärm geniessen. Die Stadtwerkstatt ist auch voll okay: Man kann im Freien bei einer Tasse Kaffee den Abend ausklingen lassen, danach im Veranstaltungsraum ein Konzert erleben und sich nachher noch an der Bar besinnungslos saufen. Aber dazu später. Als die Sonne dann untergegangen war sind wir in den Backstagebereich, das ist das Büro von der Stadtwerkstatt, es gibt aber auch eine ganz gemütliche Sitzecke mit Couchtisch, einen grossen Esstisch und eine Küche. Dort wurde für uns ein gutes Essen zubereitet. Beim Soundcheck gab es noch eine lustige Szene zu beobachten: Da haben der Gerry (Petsch Mosers Tourtechniker) und der hauseigene Tonmann irgendetwas am Ton herumgedreht und sich dabei minutenlang in einer Sprache unterhalten, die niemand sonst verstanden hat, etwa so: "Vierzig, fünfavierzg und fuffzig. Ochtzga nimm weg, oba da musst die fünfadreissgar aufdrahn. Fuffzehn, Zwanzig..." und so weiter. Dann war da noch eine Reporterin vom Gap, die Petsch Moser interviewt hat. Ach ja genau, und der Schurli war da, der in Innsbruck schon zweimal sein rätselhaftes Todesschisprung-Video gezeigt hat, der hat auch seinen Projektor mitgehabt und das Video damit an die Wand des Stiegenaufgangs projiziert. Beim Auftritt von Petsch Moser waren wir schon ein bisschen über die Zurückhaltung des Publikums verwundert. Wir haben ja nun schon öfter das ehrliche Vergnügen gehabt, uns die Musiker zu geben, und jedes Mal schien es uns, als hätten die Leute gar keine andere Wahl, als sich von den Rhythmen bewegungsmässig mitreissen zu lassen. Diesmal waren es ausser uns aber nicht viele, die dem Rock nicht widerstehen konnten. So sahen wir uns veranlasst, anzunehmen, dass es bei uns nicht anders sein würde, zumal wir ja nichts zum mitreissen haben, keinen Rock und auch kein Rhythmus, weil keiner von uns beiden Schlagzeug spielen kann. Überaschenderweise kam es dann anders: Bei unseren Konzerten ist Tanzen ja ohnehin nicht ganz so naheliegend, Beteiligung findet da eher durch Rufen, Mitsingen, Lachen, Liedervorschlagen und so weiter statt, und davon gab´s reichlich. Aus dem engen, heissen Zuschauersaal blinzelten uns viele leuchtende Linzeraugen fröhlich an, an Liedervorschlägen mangelte es nicht und auch sonst waren die Leute sehr freundlich zu uns. Zu Petsch Moser waren sie übrigens eh auch sehr freundlich, es sagt ja niemand, dass auf einem Rockkonzert das Publikum rocken muss, das Publikum zahlt ja, das hat das Recht, rocken zu lassen. Dann ist uns noch die Monitor-Anlage ausgefallen, es ging aber trotzdem. Ansonsten lässt uns, was den Auftritt betrifft, wieder einmal unser Gedächtnis im Stich. Haben Sie Tipps für uns? Im Nachhinein hat der Gerry (der Mann am Ton) erzählt, dass er an uns ein paar Klangeffekte ausprobiert hat, davon haben wir auf der Bühne aber gar nichts mitbekommen, also, wenn Sie uns sagen, wie das geklungen hat, wären wir auch sehr dankbar. Nach dem Konzert sind wir dann wieder in den Backstagebereich, das geht so, dass man über eine Treppe in den ersten Stock geht und dann mit dem gläsernen Aufzug in den zweiten Stock fährt. Dort zuerst einmal Leiberl wechseln. Dann etwas trinken, sich beruhigen, und sich mit netten Leuten unterhalten, um noch etwas von der Stimmung mitnehmen zu können. Später sind wir an die Bar, das geht so, dass man mit dem Aufzug ins Erdgeschoss fährt. Im weiteren Verlauf des Abends konnten wir noch feststellen, dass in Linz scheinbar der Teufel los ist, bis in die Früh lauter gut gelaunte Menschen auf der Strasse. Für den Christoph war es schwierig, den Gerry ausfindig zu machen, der hätte mit dem Christoph in einem Zimmer schlafen sollen und war in irgendeinem Lokal irgendwo in Linz, ohne Hotelschlüssel. Sonst noch was? Nein. Bleibt nur zu sagen: Danke, Linz.

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