Tagebuch - Christoph & Lollo

Oktober bis November 2001:

  • 11.10.2001: ÖH-Demo Am Hof, Wien
    Eigentlich müssten wir uns ja schon daran gewöhnt haben, aber die Zeit vor einem Gig ist eine der fadesten Angelegenheiten, die man sich vorstellen kann. Nicht nur, daß man immer viel zu früh zum Soundcheck bestellt wird, der dann erst viel später stattfindet, nein, manchmal, so wie diesmal, findet er überhaupt nicht statt, sodaß wir uns völlig umsonst stundenlang langweilen müssen. Nun, was bleibt einem da anderes übrig, als hinter der Bühne zu sitzen und Bier zu trinken? Wenn man aber schon zu Mittag mit dem Biertrinken beginnt ohne vorher etwas gegessen zu haben, dann geht der Schuss nach hinten los... Immerhin wird man dann wenigstens entsetzlich müde und kann einen Teil der Wartezeit verschlafen. Bei diesem Anlass hatten wir glücklicherweise aber auch die Möglichkeit, uns ein paar Ansprachen von Schüler- und Studentenvertretern anzuhören bzw. -sehen. Die waren auf unterschiedliche Art ziemlich unterhaltsam. Auch konnten wir uns bei anderen Musikanten, die dort schon vor uns auftraten, wie zum Beispiel den lustigen Buben von SEIZU Massive, Ablenkung verschaffen.
    Nach sechs Stunden Wartezeit hatten wir´s dann überstanden und durften auftreten. Überflüssig zu erwähnen, daß wir wie immer schlecht waren, oder wie fast immer.. Wir versuchten, ein neues Lied vorzustellen, bei dem es um Snowboarder geht, aber es ist uns nicht so richtig gelungen. Nachher wollten wir eigentlich bald gehen, weil wir ziemlich erschöpft waren, aber zwei Menschen vom sympathischen Fernsehsender TIV haben uns zum Ausharren überredet, weil sie noch ein Interview mit uns machen wollten. Sie stellten uns dann zwei, drei Fragen zum Thema Studiengebühren und überhaupt , und als wir ihnen dann ehrliche Antworten gaben, wandten sie sich perplex und angewidert von uns ab. Naja. So bleibt uns auch diesmal nichts anderes, als herzlich um Entschuldigung zu bitten.


  • 24.11.2001: Proksch-Institut, Mödling
    Wir waren hier, im Anton-Proksch-Institut in Mödling zu einer Adventfeier eingeladen, weil ein Bruder von einem Freund von uns da wohnt. Das hat sich doch in einigen Punkten von unseren üblichen Auftritten unterschieden. Zum Beispiel, daß uns die meisten nicht gekannt haben, obwohl das jetzt gar nicht so ungewöhnlich ist. Aber daß wir kein Bier trinken dürfen, das war auch für uns alterfahrene Bühnenhasen etwas Neues. Dieses Anton-Proksch-Institut ist nämlich ein Zufluchtsort für Drogenabhängige, die das nicht mehr sein wollen, deshalb darf man dort kein Bier trinken. Es erschien uns eigentlich auch ein bißchen unpassend, dort lauter traurige Lieder zu singen, die von einer trostlosen Welt ohne Perspektiven erzählen und voll mit Anspielungen auf Suchtverhalten sind - aber wir können halt nichts anderes. Und außerdem: So traurig wie wir vorher dachten, sind die Menschen dort gar nicht. Eigentlich waren wir die Traurigsten. Und unser Auftritt war wie immer, vielleicht ein bißchen schlechter.


  • 27.11.2001: Chelsea, Wien
    Wieder einmal im Chelsea zu Wien, wahrscheinlich zum zweiten Mal. Es waren wieder sehr viele Leute da, und wir haben wieder sehr lange gebraucht, um uns zur Bühne durchzukämpfen. Das war schon lustig, weil die Menschen sich zuerst echauffiert haben, wegen der Frechheit, die jemand haben kann um sich so einfach vorzudrängen, wir haben da auch ein schlechtes Gewissen bekommen und hätten uns fast nicht getraut weiter bis zur Bühne vorzustoßen, aber dann haben die Leute bemerkt, daß wir der Grund dafür waren, wegen welchem sie einigermaßen viel Geld ausgegeben hatten und haben sich gedacht, daß es vernünftiger wäre uns doch gewähren zu lassen, weil man für eine Bühne, auf der zwei - wenn auch völlig inkompetente so doch bemühte - Buben stehen, lieber bezahlt als für eine leere. Also schafften wir es dann doch noch bis zur Bühne, noch dazu genau bei der Titelmusik zu Shaft , das war ziemlich cool. Dann nahm das Unheil wie gewöhnlich seinen Lauf. Obwohl - so schlecht waren wir diesmal eh nicht; wir hatten zwar wie immer kein Konzept und (fast) keine neuen Lieder, aber dafür haben wir zum Beispiel ein Lied von Wolfgang Ambros und so gespielt (das Publikum hat darauf, zugegebenermaßen, zwiespältig reagiert). Wahrscheinlich hat das Konzert zu lange gedauert, aber diesbezüglich waren wir vollkommen unschuldig, weil niemand da war, der uns gesagt hätte, wann Schluss wäre, wenngleich da der Uli war, der hat sich aber nicht getraut, weil er Angst hatte, daß wir Superstars einen Ratschlag in die falsche Kehle bekommen könnten und dann wieder einmal unsere Hotelzimmer dem Erdboden gleichmachen würden, wofür er dann die Verantwortung übernehmen müsste. So ungefähr nach zwei Stunden war´s dann jedenfalls aus. Uns hat´s viel Spaß gemacht, und das Publikum hat sogar mitgesungen und über die Schwächen und Längen unseres nicht gerade ausgetüftelten Programms hinweggesehen. Vielen Dank und auf Wiedersehen.

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