April bis Mai 2001:
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3.6.2001: Gasthaus Wührer, Maria Schmolln
Maria Schmolln. Heute sind wir bei einem
Fest im Keller vom Gasthaus Wührer aufgetreten. Ein junger Mann
namens Martin Nagl hat dort anläßlich des katholischen
Pfingstfestes
ein Zusammensein alter Bekannter und Freunde aus der Umgebung
veranstaltet.
Maria Schmolln ist übrigens ein Wallfahrtsort. Wie auch immer,
dieser Martin hat sich gedacht, daß es eine gute Idee
wäre,
die einzige Band der Welt, außer vielleicht irgendwelcher
Kirchenkapellen
oder den Wiener Sängerknaben, die ein Lied, einen Rocksong,
über
Pfingsten singen, für diesen Anlaß zu verpflichten. Wenigstens
wissen wir jetzt, daß es zumindest einen Menschen gibt, der
unserem
Verkaufskonzept blind gefolgt ist. Wir haben dann halt die
Schispringerlieder
gesungen und das Pfingstenlied. Am Schluß haben die Leute ganz
laut und schön
Ole Gunnar Fidjestoel
gesungen, gut für
uns, weil wir waren da schon heiser. Vorher ist es uns nämlich
so vorgekommen, als würden wir die Gäste in ihrer
Wiedersehensfreude
stören, sie hatten einiges zu besprechen, weswegen wir dann ganz
laut gesungen haben - gemein von uns, eigentlich. Und nach unserer
jämmerlichen
Vorstellung gab es dann einen Telemark-Wettbewerb, den hat eine Frau
gewonnen. Der Preis: eine Schispringerlieder-CD. Na, herzlichen
Glückwunsch.
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5.6.2001: HvH1-Weidlinger, Waldzell
Das wichtigste gleich zuerst: Wir haben Goldi kennengelernt! Was für
eine Überraschung: Nicht nur, daß er unsere Lieder kennt
und weiters behauptet, daß es auch einige andere Schispringer-Kollegen
gibt, die darüber im Bilde sind, so ist er sogar extra vom Kondi-Training
heimgefahren, um uns zwei Wahnsinnigen bei unseren Verbrechen zuzuschauen.
Das hat uns ein bißchen nervös und sehr stolz gemacht; außerdem
waren wir froh, daß er uns nicht sofort eins auf die Fresse gegeben
hat, für den widerlichen Schmutz, den wir über seine Kollegen
und Freunde verbreiten. Er hat uns aber auch empfohlen, weiterhin auf
der Hut zu sein und vor allem von Übersetzungen ins Finnische Abstand
zu nehmen. Wir werden daran denken! Jedenfalls haben dann die Waldzeller
Stoned Angelina
schöne Musik gemacht, bevor wir dran waren. Wieder einmal war unsere
Furcht, wir könnten aus dem Lokal gejagt und des Ortes verwiesen
werden, offenbar unbegründet, viele Leute haben uns richtig zugehört,
manche sogar gelacht. Übrigens: Das HvH1
ist schon super. Die Brüder Hans und Andreas sollten sich vor Magic
Life oder Club Med in acht nehmen, die das Lokal möglicherweise
bald aufkaufen werden, denn hier gibt es wirklich alles, was das All-inclusive-Touristenherz
begehrt. Wir wissen das, wir haben ja immerhin fast drei Tage hier verbracht,
und es hat uns gut gefallen
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6.6.2001: Lehar-Kino, Bad Ischl
Versuch einer Erklärung, was an diesem Abend passierte: Nach vier
Tagen im verregneten Oberösterreich kam es zur Katastrophe. Traurigkeit,
die einen plötzlich übermannt. Selbstvertrauen, das genauso
plötzlich verschwindet. Zweifel an dem, was man tut. Selbsthass.
Mutterliebe. Vaterhass. Streit. Tränen. Vergessen, wo die Grenzen
sind. Eine zweistündige Fahrt im Hexenkreis der Selbstbeobachtung.
Enttäuschung. Neid. Eifersucht. Alkohol. Sexuelle Frustration.
Verzweiflung. Heiserkeit und Helmut-Lotti-Pastillen. Ratlosigkeit. Einsamkeit.
Zusammenbruch. Angst, sehr viel Angst... das sollte einigermaßen
erklären, was an diesem Abend passierte, auf der Lehar-Kino-Bühne
vor dem sitzenden Publikum, das sich teilweise auch amüsiert hat,
nicht wissend, daß hier kein Kabarett-Autor, sondern das Leben
Regie führte. Man berichtete hinterher von einer Frau, die aufgrund
einer kürzlich vollzogenen Trennung tieftraurig und frustriert
ins Lehar-Kino ging, uns sah und hörte, mit der Zeit wieder lachen
konnte, und am Schluß dann wieder frischen Lebensmut geschöpft
hatte. So ist das. Denn wenn man uns einmal sieht, dann weiß man:
Es gibt wen, dem geht´s noch schlechter.
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10.6.2001: Stern, Graz
Das Stern, am Fuße
des Grazer Schloßberges gelegen, veranstaltete heute eine Sonntagsmatinée.
Wir durften dort auf dem Balkon eines alten Hauses stehen und den Karmeliterplatz
mit all unseren Liedern beschallen. Und das um zwölf in der Früh!
Seltsamerweise hat sich auch diesmal nicht wirklich jemand beklagt,
obschon viele Leute unsere Musik hören mußten, die gar nicht
darum gebeten hatten. Zum Beispiel die grüppchenweise vorbeiziehenden
Touristen, die zum Uhrturm wollten oder die Bewohner der angrenzenden
Häuser. Für die Zuhörer war groß aufgetischt worden,
mit Buffet und Getränken, wodurch sie sich ohnehin eine schöne
Zeit machen konnten. Eine geballte Ladung Schispringerlieder später
kam die Sonne hinter den Wolken hervor, und wir waren fertig. Schön
war´s.
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15.6.2001: Cselley-Mühle, Oslip
Heute waren wir in der
Cselley-Mühle
in Oslip, und es war sehr nett. Wir sind da hingefahren, wurden
freundlich
empfangen, saßen ein wenig im sonnigen Innenhof herum,
aßen,
tranken, unterhielten uns über dies und das, hatten also eine
nette
Zeit, und am Abend sind wir dann aufgetreten. Das war auch recht
gemütlich:
ein paar Lieder singen, dazwischen ein wenig plaudern, ein paar
Anekdoten
erzählen... für uns eine sehr angenehme Art, den Abend zu
verbringen. Das Publikum, zum Großteil bequem im Saal verteilt,
war auch sehr freundlich zu uns und vergab uns unsere Fehler und
Schwächen.
Nach dem Konzert haben uns zwei nette Menschen namens Michi und Gabi
sogar eine Unterhose geschenkt, mit aufgemalten Schispringern. Danke
sehr, liebes Publikum.
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30.6.2001: Open Air, St. Gallen
In
St. Gallen
finden sich jedes Jahr ganze Heerscharen junger, gutgelaunter
Leute ein, um am Sittertobel zu campen und Konzerte zu sehen. Mit
gutem
Grund! Dort ist es nämlich sehr schön, und der Spielplan
läßt
kaum Wünsche offen. Die über 20 Darbietungen waren vom
Feinsten:
Bubble Beatz zum Beispiel (die können mit ihren
Reißverschlüssen
scratchen!) oder Ben Harper!!! Wir für unseren Teil haben am
Samstag
in der Mittagshitze einen eher mittelmäßigen Auftritt
abgeliefert,
wurden aber nicht ausgebuht. Im Gegenteil - das Publikum war
dermaßen
höflich, gut gelaunt und lachfreudig, daß manche schon
vermuteten,
hier wären eventuell auch Drogen im Spiel - aber das sind
vermutlich
Vorurteile; wir glauben, die Leute sind einfach sehr nett dort. Den
Rest der Zeit haben wir am Festivalgelände verbracht, haben uns
die 100 Millionen Zelte angeschaut, die tolle Organisation bewundert
und sonst nicht so recht gewußt, was wir tun sollen, wir
Musikbanausen.
Also haben wir das Privileg, überall hingehen zu dürfen
(wir
hatten da nämlich so rote Bandeln) ausgenutzt und den Stars ihr
Catering weggesoffen. Auf der Heimfahrt mußte sich Lollo noch
von einem häßlichen Schweizer Zollbeamten begrapschen
lassen,
aber davon abgesehen war es sehr schön im EU-Ausland.
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