Tagebuch - Christoph & Lollo

August 2003:

  • 14.08.03: Frequency-Festival, Salzburg
    Der Markus hat uns schon um sechs Uhr abgeholt. In der Früh, wohlgemerkt. Wir hörten nämlich, dass die Reise von Wien zum Salzburger Autorennring durchaus 6 Stunden dauern könnte, insbesondere, wenn 40000 andere Leute zur gleichen Zeit auch dort hin wollten. Wenngleich von einer Verzögerung bis kurz vor unserem Zielort nicht die Spur zu erkennen war, stellte sich unsere vorausschauende Vorsicht als berechtigt heraus, wir mussten uns erst einmal in eine Autoschlange einreihen, die zu den Park- und Campingplätzen führte. Wir wollten übrigens zum Frequency, einem großen Rocknrollhiphopdancediscometalmusikfestival, und viele andere wollten dasselbe. Trotzdem hat es dann eigentlich eh nicht sehr lange gedauert, bis wir zum ersten Mal "Wir wolltatn zum Künstlereingang" sagen mussten. Die Ordnungskräfte, die wir mit dieser Feststellung konfrontierten, antworteten dann meistens sowas wie "Waas i ned, wo des is, foats amoi weida", und ohne einen einzigen Besucher zu überfahren, schafften wir es, uns durch die Massen zu kämpfen und fanden uns plötzlich auf der Formel-1-Rennstrecke wieder. Obwohl keiner von uns dem Schnellfahren mit tiefergelegten Autos und dem sich mit den anderen über den Umweg der Motorleistung messen viel abgewinnen kann, war es schon ein leiwandes Gefühl, auf einer Rennstrecke zu fahren. Wir mussten noch den Umgang mit den uns übergebenen Ausweisen lernen und suchten dann den Backstagebereich auf, und dann hatten wir auch schon ein bisschen Überblick über das Gelände. Da waren also zwei Bühnen, eine größere klassische Riesenrockkonzertbühne, und ein grosses Zelt mit einer etwas kleineren Bühne. Beide Bühnen waren nicht weit voneinander entfernt, wobei die grössere direkt zur kleineren Bühne hin ausgerichtet war. Da haben wir uns gewundert. Im Backstagebereich trafen wir dann unter anderem die Buben von Petsch Moser, mit denen wir heute gemeinsam auftreten sollten, weil der Veranstalter das so haben wollte (ein Wunsch der seinen Ursprung in diesem Abend hat). Die waren auch schon alle sehr nervös. Schließlich traten Metallica am selben Ort wie wir auf. Aber alles der Reihe nach: Erst einmal mussten wir rüber zum sogenannten Alternative Tent, wo unser Chef, der Uli, heute in der Funktion eines sogenannten Stagemanagers, schon eifrig am Werken war. Wir hingegen machten zuerst einmal nix, dann uns auf den Weg zum T-Shirt-Stand, um dem Verkäufer dort unsere T-Shirts in Komission zu geben, dann wieder zurück zur kleinen Bühne, und wieder nix machen. Nur das Immer-nervöser-werden hat uns beschäftigt, außerdem hat der Christoph eine Maus, die vorher einen Bühnenarbeiter gebissen hatte, in die Wiese entlassen. Die Band vor uns, Boomzack, war dann bald fertig, und eifrige Menschen, man nennt sie Stagehände, schoben verschiedene Geräte von einem Patz zu einem anderen. Am eindruckvollsten war es, diese Profis dabei zu beobachten, wie sie ganze Schlagzeugpodeste durch das unwegsame Gelände der Bühnenlandschaft manövrierten. Wir beide standen dabei hauptsächlich im Weg, wir haben ja nicht viel, das wir herumschieben oder einschalten müssten. Insgesamt brauchte dieser Auftritt aber schon deshalb Vorbereitung, weil wir ja gemeinsam mit Petsch Moser auftraten; das führte zum Beispiel dazu, dass vorne auf der Bühne 5 (in Worten: fünf) Mikrofone nebeneinander standen, wie bei einer echten Super-Rocknroll-Show. Beim kurzen Mikrofoncheck haben dann alle fünf Leute (vlnr: Piotr, Christoph, Lollo, Lukas, Andreas) nacheinander etwas hineingesungen. Da haben die Menschen im Zelt immer ein bisschen gejubelt, das war schon deshalb ein arges Gefühl, weil es sehr viele Menschen waren, auf jeden Fall waren es viel mehr als wir uns erwartet hatten. Eigentlich waren es ungefähr so viele, wie in das Zelt reinpassten, und noch ein paar. Unsere Nervosität näherte sich dem Höhepunkt. Denn schon erhielten wir die Erlaubnis anzufangen. Erstes Lied: der Metallica-Klassiker Enter Sandman. Als, nach anfänglichen verwunderten Publikumsgesichtern, die Petsch-Moser-Christoph-Lollo-Combo wie ein Heavy-Metal-Orkan durchs Zelt fegte, spürten wir in unseren bebenden Herzen die brennende Wahrheit von Rockfestivals: Wir dürfen tun, was wir wollen. Gerade deshalb, weil wir die zweite Band waren, am ersten Tag, das bedeutet, dass die Menschen fast zerplatzen vor guter Laune und Vorfreude, gut erholt von den Strapazen des letzten Festivals. Wir bekamen keinen einzigen Bierbecher an unsere Köpfe geworfen! Zweites Lied: eine funkige Westernrockversion von Ari-Pekka Nikkola (in dieser Form macht das Lied nämlich Sinn). Noch immer konnten wir in dem Umhergespringe und dem Geschrei der Leute keinen Brösel eines Anzeichens der Ablehnung uns gegenüber erkennen. Dann spielten wir zu zweit ein paar unserer Lieder. Nach zirka zwölf Minuten kamen dann wieder die Mannen von Petsch Moser zurück. Die haben dann das Lied "Schöner Ort" gespielt, wir zwei haben versucht ein bisschen mitzusingen. Das war für uns nicht so einfach, weil der Bühnensound so war, dass wir hauptsächlich die mittlerweile auf der großen Bühne spielende Band und uns selber hörten, aber das Schlagzeug zum Beispiel hörten wir fast nicht, nach dem hätten wir uns aber richten sollen. Wir haben ja die Befürchtung, dass sich das ganze ziemlich uneingespielt angehört haben muss. Dabei haben wir eh geübt. Also Bitte um Entschuldigung. Wir sind das ja auch nicht gewohnt, mit einer richtigen Band zu spielen. Petsch Moser haben dann auch ungefähr eine Viertelstunde allein gespielt, dann haben wir wieder mitgesingen dürfen, und zwar bei "Sexy Song", in Form eines Eunuchenchors. Und als wir dann am Schluss noch einen Reggae-Funaki drauflegten, haben sich die Leute auch noch gefreut (obwohl wir wieder oben beschriebenes Problem hatten). Man kann sagen, das war schon sehr beeindruckend, die Atmosphäre bei so vielen Leuten. Wir waren nachher also aufgeregt und glücklich, und im großen und ganzen recht zufrieden. Soviel zu unserem Auftritt beim Frequency. Danach haben wir noch das Festival genossen. Das tut man in erster Linie so: T-Shirts mit lustigen Sprüchen oder Band- bzw Festivalverweisen tragen, herumgehen, Bier trinken (übrigens: ein dickes Minus für die Bierversorgung! Es gab nur ein seltsames Leichtbier, das teuer war und im sogenannten vip-Zelt noch dazu in unerträglichen Plastikflaschen ausgegeben wurde), sich gegenseitig grüßen indem man mit der Hand Teufelshörner formt und sich über Belangloses unterhalten. Interessant war, dass sich vom ersten auf den zweiten Tag das T-Shirt-Trageverhalten radikal veränderte. Waren am Donnerstag fast nur bunte, fröhliche Leiberl auszumachen, so war am Freitag die Böse-Heavy-Metal-Leiberl-Fraktion eine Großmacht. Von all den Musikkapellen haben wir nicht sehr viel mitbekommen, am ersten Tag noch weniger als am zweiten. Dafür haben wir aber ganz viele Leute getroffen, die wir kennen, wobei wir unserem Ruf als die schlechtesten Smalltalker des österreichischen Musikbusiness wieder gerecht wurden, aber doch kleine Fortschritte verzeichnen konnten. Üben konnten wir zum Beispiel mit Andreas Goldberger, den haben wir gesehen. Auch mit unseren Mentoren und geistigen Vätern, den Herren Grisse- und Stermann, konnten wir wieder einmal ein paar Worte wechseln. Ausserdem standen wir allerhöchstens zwei Meter neben dem Sänger von Placebo. Placebo und Metallica waren dann wohl die Auftritte denen wir am meisten Aufmerksamkeit schenkten, wobei wir uns aber Sachen in die Ohren stopften, weil´s so laut war. Ein Anekdötchen noch: Wir sind am Festivalgelände dem Martin begegnet, den wir hier kennengelernt haben, der hat uns erzählt, dass er regelmäßig dieses Tagebuch hier liest. Was es alles gibt, haben wir uns gedacht.


  • 23.08.03: Rock am See, Golling (Salzburg)
    Seitdem wir auch im Sommer auftrittsmässig unterwegs sind, wissen wir, dass überall übers ganze Land verstreut Festivals veranstaltet werden. Zwar sind die meisten nicht annähernd so viel besucht wie das Frequency (s.o.), aber weniger Menschen sind ohnehin angenehmer. Heute durften wir zu einem uns bislang unbekannten Festival namens Rock am See in Golling (Salzburg). Der Alex und wir beide fuhren in einem Ford Transit dort hin und freuten uns über ein wunderbares Konzertambiente auf einer Waldlichtung vor einem über und über mit Seerosen bedeckten Teich. Müsste also eigentlich Rock am Teich heissen. Da wir, wie fast immer, um ein paar Stunden zu früh dort ankamen, holten wir uns was zum Trinken und setzten uns in die weiche Wiese, sahen uns um und hörten den Bands zu. Obendrein hatten wir die Möglichkeit, uns in eine noch nicht ganz fertige Wohnung über einer Garage zu begeben, dort gab es einen Kühlschrank in dem Getränke waren, und belegte Brote. Auf dem Festivalgelände konnten wir ein paar junge Männer beobachten, die versuchten, durch allerlei Spassetteln die Aufmerksamkeit der Menge auf sich zu ziehen. Die haben zum Beispiel die Hosen runtergelassen - raffinierter Gag, eigentlich. Wohingegen der normale Rockkonzertbesucher versucht, solche Szenen zu ignorieren, sehen grosse Security-Männer so etwas liebend gern, weil sie dann wissen, dass sie jetzt wenigstens ein ganz kleines bisschen Gewalt anwenden dürfen. Die Ordner auf diesem Festival waren aber friedlich. Wir sind um halb sieben auf die Bühne, und irgendwie haben wir uns sehr gelöst gefühlt. Erstens konnten wir wieder das Lied als erstes spielen, das wir immer als erstes spielen. Zweitens war die Stimmung dort am Teich angenehm entspannt, in erster Linie deshalb, weil jeder genug Platz hatte, sich frei zu bewegen, und sich in die Wiese zu setzen. Die Leute waren auch sehr freundlich zu uns, wir hatten sogar das Gefühl, dass wir sie im Laufe unseres Auftritts ein wenig aus ihrer Zurückhaltung locken konnten. Immerhin haben wir ein neues Lied gespielt. Und nicht einmal eine einzige Fremdkomposition, ganz im Gegensatz zu den Sitten die in letzter Zeit bei uns eingerissen sind. Nach unserem Auftritt sind wir zurück zur Garage gegangen, dort hat dann ein junger Mann mit einer Zahnspange auf Lollos Gitarre einige von Lollos Liedern gespielt. Espen Bredesen zum Beispiel hat der voll drauf gehabt. Dann sind wir wieder zur grossen Wiese geschlendert und haben uns eine wahrhaft echophonische Show angeschaut. Ab und zu hat uns jemand angeredet, zum Beispiel eine junge Mutter, die behauptete, dass ihre kleine Tochter, die daneben stand, ein Autogramm wollte, aber die Tochter hat so traurig geschaut, dass wir an dieser Version der Geschichte zweifeln. Auf jeden Fall waren da viele wahrscheinlich gute und überdies auch nicht hässliche Menschen. Keine Messerstecher, Meuchelmörder und Ungusteln, soweit wir feststellen konnten. Der Lollo hat einen anderen Lollo kennengelernt. Die Getränke waren für Festival-Verhältnisse sehr günstig. Die Bosnas und Leberkässemmeln auch. Am Schluss war das Festivalgelände übrigens erst so richtig voll, da sind viele erst abends gekommen. Vielleicht wollten sie vor allen Dingen Slut sehen. Die waren beim Rock am See der sogenannte Mainact und kommen aus Ingolstadt. Haben ja dann auch sehr gerockt (Branchensprache für: haben mithilfe schwungvoller Musik dem Publikum das Gefühl ekstatischer Erhabenheit vermittelt). Später sind wir noch mit Echophonic in der Garage gesessen und haben denen beim Spasshaben zugesehen. Wir haben aber eh auch was davon gehabt. Und nachdem uns seit unserem Auftritt quasi ständig jemand gefragt hatte, ob wir nicht noch was spielen wollen, liessen wir uns dann irgendwann, als die Sonne schon aufging, dazu hinreissen, noch ein paar Lieder zu singen, stellten aber dann fest, dass alle anderen schon weg waren.
    PS: Slut, Ihr schuldet uns was.


  • 30.08.03: Gürtel-Night-Walk - Chelsea, Wien

    Neu: Jetzt durchgehend in Mitvergangenheit!
    Bald schon: Mit Rechtschreibprüfung!


    Wie schon einmal im letzten Jahr, so traten wir auch 2003 beim Gürtel-Night-Walk in Wien vorm Chelsea auf. Aufgrund akuten Chef-Mangels mussten wir uns heute ganz alleine durch den Dschungel des Konzert-Ablaufs schlagen, aber da wir uns im Chelsea ja auskennen, trauten wir uns das zu. Nachdem wir (wie absolut jedesmal) nicht mehr wussten, bei welcher U6-Station man aussteigen muss, um zum Chelsea zu kommen, und nachdem wir uns, dort angekommen, umgesehen und orientiert hatten, holten wir uns ein Bier, setzten uns unter bewölktem Himmel an einen der Holztische und hörten Angelika Express beim Soundcheck zu (die waren übrigens kurzfristig für Wedekind eingesprungen, genau wie wir damals). Dann checkten wir selber den Sound. War eh okay. Dann begann das Warten, das uns durch das Bangen, ob denn das Wetter halte, ein wenig interessanter gemacht wurde. Ungefähr zu der Zeit, zu der wir anfangen sollten, begann es zu regnen, ein leichtes Tröpfeln, das nicht erkennen liess, ob´s noch schlimmer würde. Der gute Wolfgang Kopper, der gerade vorbeikam (weil er irgendwas mit der Night-Walk-Organisation zu tun hat), meinte, wir sollten zwei Zuseher bitten, uns während des Konzerts Regenschirme über die Köpfe zu halten. Das wäre uns aber sehr unangenehm gewesen. Also fragten wir den Tonmeister, ob er mit dem Regen Probleme hätte, der sagte "Nein, und ihr?" und wir sagten "nein, also fang ma an, oder?", "Klar, fang ma an", sagte der Tonmeister. Unser Konzert begann wie immer, wenn auch ein wenig unkonzentrierter und fehlerhafter als im Durchschnitt. Wir haben also ein paar mal falsch angefangen, uns versungen und so weiter, aber da wir ja keine ernsthaften Musiker sind, sondern eher so eine Art Witzfigurenduo, reagierte das Publikum mit großem Wohlwollen auf unsere Unbeholfenheit. Warum wir uns nach jahrelangem Konzerttraining immer noch sehr oft verspielen und versingen, auch bei den ältesten Liedern, wissen wir nicht, aber wir sind froh darüber, weil es uns Abwechslung bringt. Vielleicht denken unsere Konzert-Stammgäste, von denen heute einige da waren, ja ähnlich. Vorm Konzert hatte uns jemand angesprochen, und uns um Erlaubnis gebeten, dass er uns mit seiner Videokamera filmen dürfe. Sowas ist uns noch nie passiert! Normalerweise werden wir ungefragt gefilmt und erfahren nachher nie, was damit geschieht. Wir haben ja langsam auch Angst, was für unglaublicher Schwachsinn, der uns irgendwann einmal eingefallen aber längst wieder entfallen ist, auf irgendwelchen Kassetten aufgezeichnet ist. Naja. Diesmal wurden wir jedenfalls gefragt. Es wurde uns sogar versprochen, wir würden eine Kopie bekommen. Mal sehen.. Das Konzert war, glauben wir, halbwegs unterhaltsam. Im nachhinein erkannten wir aber, dass das Essensangebot am Gürtel-Night-Walk nicht so super ist. Von den ziemlich guten Souvlaki vom letzten Jahr haben wir diesmal jedenfalls nichts gesehen..

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