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Tagebuch - Christoph & Lollo - Juni 2005
- 01.06.05: ppc, Graz
Nach einer kurzen Rundfahrt durch Graz und ergebnislosen Gesprächen mit Passantinnen fanden wir das ppc in einer kleinen Gasse, die scheinbar hauptsächlich von Radfahrern und Kampfsportlern frequentiert wird. Der sehr freundliche Didi, den wir vor einiger Zeit kennen gelernt haben, zeigte uns, was es zu sehen gibt: Wir spielten heute in der so genannten ppc-Bar, das ist ein mit allerlei gemütlichen Möbelstücken eingerichteter Raum mit kleiner Bühne und schöner Bar. Durch ein großes Fenster kann man in die Halle schauen, wo es heute aber dunkel war. Dafür konnten wir diesen Raum, in dem besser besuchte Konzerte stattfinden, als Backstage benutzen, inklusive Bühne und Schminktisch. Alles sehr schick hier. Wir durften etwas essen, in einem gleich daneben gelegenen Lokal, das rundum mediterrane Urlaubsatmosphäre verbreitete. Menschen sahen uns beim Essen zu und wollten uns Kleidungsstücke abkaufen. Wir lehnten entrüstet ab. Zum Konzert war die Bar dann eh gut genug gefüllt, um unfreiwilligen Körperkontakt nicht vermeiden zu können. Wir begannen tollpatschig und unpassend wie immer und begannen zu schwitzen. Das Publikum, jung und sommerlich gelaunt, saß und stand auf diversen Sofas, Bars, Stiegen und Tischen und sang teilweise herzerwärmend schön mit uns mit. Liedwünsche wurden teilweise erfüllt, wir waren aber immer bemüht, das dramaturgische Heft nicht zu sehr aus der Hand zu geben. Am Ende waren wir mit unserer so genannten Performance zwar nicht glücklich, aber doch halbwegs zufrieden und hoffen im übrigen, niemanden beleidigt zu haben. Fotos gibt es hier.
- 03.06.05: Rockhouse, Salzburg
Heute kamen wir zu spät beim Rockhouse an und ließen einige Leute warten. Bitte um Entschuldigung, das war keine Absicht. Vermutlich konnte die Rockhouse-crew uns das aber verzeihen, hatte sie doch nun Gelegenheit, in der angenehmen Abendsonne an den Tischen vorm Lokal zu sitzen, was sehr gemütlich ist, wie wir dann feststellen durften. Wir sollten heute zum ersten Mal in der Rockhouse-Bar auftreten, weil für uns allein schneiden die ja nicht die große Bühne an. Das bedeutet, dass wir im Rockhouse nunmehr sowohl die große Bühne, als auch den Zwischenstock, als auch die Bar bespielt haben. Stolz klopften wir uns auf die Schultern, nahmen einen Schluck vom köstlichen Murauer und begaben uns in den Speiseraum, wo die freundlichste und beste Rock´n´Roll-Köchin des Landes mit Gebackenem auf uns wartete. Vollen Bauches und mit seligem Lächeln zahnstocherten wir uns die Flachsen aus den Zahnzwischenräumen, während wir einem netten jungen Mann mit Fußverletzung ein Interview gaben, in ein Gerätchen hinein, das kleiner war als ein Feuerzeug. Dann mussten wir warten. Der Backstageraum kam uns leer und verlassen vor. Wie war dann der Auftritt? Naja, der war so einigermaßen. Die Zuhörerinnen und Zuhörer waren aufmerksam und nett. Unsere Gespräche zwischen den Liedern waren heute besonders langweilig, es fehlten uns aber Schwung und Mut, sie auszulassen. Eventuell sollten wir uns für uninspirierte Phasen ein Programm zurechtlegen, mit fixer Lieder-Reihenfolge und Bühnenansagen, das könnte solche Abende wenigstens zum Schein retten. Darüber werden wir eventuell später einmal nachdenken. Das Publikum behandelte uns aber trotzdem wie gute Menschen, bis auf den jungen Mann, der uns das versnobte Frühstückslokal mit den hohen Preisen und den niedrigen Sesseln empfahl. Aber zugegeben: Der Kaffee war sehr gut.
Kritik und Interview hier. Kritik hier.
- 04.06.05: Warehouse, St. Pölten
Nachdem wir uns auf dem Weg in ein uns empfohlenes versnobtes Frühstückslokal nasse Füße geholt hatten, beschlossen wir, dass Salzburg mit nassen Füßen und Dauerregen keinen großen Reiz mehr auf uns ausübte und machten uns auf den Weg nach St. Pölten. Dazwischen noch ein Häppchen in der Autobahn-Raststation, so ist das Musikerleben. Ein guter Tipp für den Touralltag und lange Autofahrten generell ist der Kauf von Zeitschriften zweifelhaften Niveaus. Besonders empfiehlt sich hier das Teenieblatt Bravo, das bietet lustige Poster, reißerische und interessante Berichte, und alles das verpackt in eine ulkige Sprache, bei der man oft kein Wort versteht. Und Star-Tattoos auf den Körper kleben ist eine Beschäftigung die trübsinnigen Musikanten so manch frohe Minute bescheren kann.
Als wir im Warehouse ankamen, war der Regen bereits vor uns da, und unmittelbar nach dem Aussteigen hatten wir wieder nasse Socken. Das Warehouse ist tatsächlich ein solches, nämlich der Lagerraum eines Veranstaltungszentrums. Es ist aber trotzdem sehr groß und schaut gut aus. Freundliche Menschen begrüßten uns. Wir entdeckten Luftballons, Tischfußballtische, seltsame Lichter und faszinierende Sofaformen. Dann kamen die Herren von The 05 und luden ihr Equipment aus. Bei ihrem Soundcheck begannen die Sofas im Saal zu vibrieren. Schön laut hier.
Am Abend waren dann nur wenige Leute da, es war ziemlich leer im Saal, und man hätte die buchstäbliche Nadel fallen hören können, wenn eine gefallen wäre, aber die war ja nur buchstäblich. Hier war er also, der Sommer-Zuhörer-Schwund, von dem uns in letzter Zeit die Veranstalter erzählt hatten. Naja. Schlecht besuchte Konzerte sorgen leider manchmal für eine etwas beklemmende Atmosphäre, weil es für so einen Fall ja keine vorgefertigten Verhaltensweisen gibt, im Gegensatz zum ausverkauften Rockfestival zum Beispiel. The 05 machten trotzdem extrem fetzigen Rock´n´Roll, das können die nämlich ganz ausgezeichnet. (Was sie, übrigens, auch gut können, ist lustige Videos machen.) Die Leute trauten sich aber nicht wirklich, Begeisterung zu zeigen.
Als wir an die Arbeit mussten, war das viele Rock´n´Roll-Equipment weggeräumt, und die Bühne war noch leerer als die Halle. Unser Konzert war eher schlecht. Müde und ausgelaugt von den Mühen des Tages standen wir vor einem schüchternen Publikum, teils zurückhaltend abwartend, teilweise unverhältnismäßig optimistisch. Einige junge Menschen hatten sich die Mühe gemacht Zettel zu beschriften, die konnten wir aber nicht lesen weil wir kurzsichtig sind. Der Versuch, eine passende und gedeihliche Atmosphäre zu etablieren, misslang uns einigermaßen. Die Gespräche zwischen den Liedern gestalteten sich auch eher langweilig, schließlich hatten wir ja die letzten 30 Stunden miteinander verbracht, da hat man sich ja irgendwann nichts mehr zu sagen. Am Ende erklärten wir den Leuten, dass das mit der Zugabe ja heute eh nicht nötig wäre, und um den Abend noch harmonisch abzurunden, sangen wir das traurige Lied über den italienischen Soldaten und verließen leise die Bühne. Die Leute riefen dann trotzdem Zugabe, aber wir beschlossen, dem Druck nicht nachzugeben. Es darf nicht immer Zugaben geben, sonst ist es langweilig. Außerdem eignet sich das italienische Lied ganz großartig als Schlusslied (auch wenn der Titel Wiederkehr verspricht). Wenn nach Tornero noch was kommt, ruiniert es das Gesamtbild der Inszenierung, da würde unser Regisseur uns ganz schön was erzählen, das können wir Ihnen sagen.
Kritik gibt es bei joynt.at. Bei lhbr.net, city-flyer.at und newsboard.at gibt´s auch noch Fotos dazu.
- 24.06.05: SJ-Bühne, Donauinselfest, Wien
Über das Donauinselfest wurden in diesem Tagebuch ja schon öfters ein paar Wörtchen verloren, nämlich hier und hier und hier. Jetzt also nur das Notwendigste: Die SJ-Bühne ist eine der nettesten am ganzen Donauinselfest. Da ist genug Platz, auch die hinten dürfen was sehen und es herrscht immer eine sehr angenehme Stimmung. Vor uns waren zwei der coolsten Bands des Landes am Werk: Einerseits Jonas Goldbaum, die wir unlängst in Hainersdorf kennengelernt haben. Andererseits spielten Wedekind auf, die wir bis jetzt erst einmal tatsächlich getroffen haben, nämlich im Pensions-Frühstücksraum beim Frequency 2003. Damals im Jugendzentrum Atoll mussten wir kurzfristig für sie einspringen, wenig später, beim Gürtel-Nightwalk wurden sie durch Angelika Express vertreten und unlängst in Hainersdorf machten Jonas Goldbaum für sie die Krankenstandsvertretung, weshalb wir sie, wie gesagt, kennenlernten. Heute aber, heute durften die Wedekinds selbst für wen anderen einspringen, für Echophonic nämlich, mit denen wir übrigens auch schon das eine oder andere Mal zu tun hatten. Alle Kreise schließen sich.
Über unseren Auftritt lässt sich sagen, dass die Leute auffallend gut gelaunt waren, es gab ordentlich Rambazamba. Auf der Bühne tümmelten sich Tausende von Insekten der verschiedensten Arten, alle verwirrt von diesem seltsamen Donauinselfest.
Fotos gibt es hier.
- 25.06.05: Dead Man Walking Festival, Miesenbach
Da gibt es einen Haufen guter Menschen, die veranstalten im tiefsten Wald, wo Harry Raithofer auch keinen Handyempfang hätte, ein Festival, das möglicherweise das höchstgelegene des Landes ist. Da steht ein Gasthaus, daneben eine mächtige Lärche, und dahinter findet das Dead Man Walking statt, ein Festival, bei dem Geld für Amnesty International gesammelt wird. Viele tolle Bands waren eingeladen. Weil Texta abgesagt hatten, mussten sie uns auch nehmen.
Schönes Festival, eigentlich. Hinter der Bühne war dunkler Wald und rundherum auch. Leute waren jung und gütig gelaunt. Einer der Chefs war so nett, dem Christoph eine Jacke zu borgen. Ein paar andere Chefs machten Fotos. Die meisten Frauen hatten den selben Vornamen. Es gab einen Stromausfall aber die Männer von der Technik blieben ganz cool. Wir fanden´s sehr nett. Nur, dass zwei Security-Leute von uns verlangten, unser Bier ins Gebüsch zu gießen, das verstanden wir nicht. Aber die hatten einen Hund, was hätten wir machen sollen. Und die Wallfahrerunterkunft hätte uns ohne geisternde Kinder und Schlagzeugsolo kurz vor Sonnenaufgang auch besser gefallen.
Fotos gibt es da und dort.
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